AdR Reise nach Venedig

AdR Reise nach Venedig

Klimaschutz vor Ort: Besuch des Hochwasserschutzsystems „Mose“ in Venedig
Im Rahmen einer Delegationsreise des Ausschusses für natürliche Ressourcen (NAT) des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) war ich gemeinsam mit Kolleg:innen im Mai zu Gast in Venedig. Die Stadt steht wie kaum ein anderer Ort in Europa für die unmittelbaren Folgen des Klimawandels – und für die Frage, wie wir mit steigendem Meeresspiegel und häufigeren Extremwetterereignissen umgehen.

An einem Tag besuchten wir das Hochwasserschutzsystem „Mose“. Es ist ein gewaltiges Bauwerk: 78 bewegliche Stahlbarrieren wurden an den drei Zugängen zur Lagune errichtet. Jeder dieser Kästen wiegt rund 250 Tonnen, ist etwa 20 Meter breit, 30 Meter hoch und bis zu 5 Meter tief. Im Ruhezustand liegen sie mit Wasser gefüllt am Meeresboden. Bei Sturmflut wird das Wasser durch Pressluft verdrängt, die Barrieren richten sich auf und schotten die Lagune vom offenen Meer ab.

Technisch ist dieses System ohne Frage eine beeindruckende Ingenieursleistung. Doch aus ökologischer und politischer Sicht bleibt es hoch umstritten – und das zu Recht. Schon heute wird bezweifelt, ob „Mose“ dem steigenden Meeresspiegel auf Dauer standhalten kann. Die Klimakrise entwickelt sich schneller, als viele dieser Großprojekte geplant wurden. Was heute noch als „ausreichend“ gilt, könnte schon morgen zu wenig sein.

Hinzu kommen massive Eingriffe in das sensible Ökosystem der Lagune. Die natürliche Wasserzirkulation wird gestört, Lebensräume verändern sich, das Gleichgewicht kippt. Und all das bei immensen Kosten – finanziell wie ökologisch. Statt langfristig in naturnahe, nachhaltige Küstenschutzmaßnahmen zu investieren, wurde hier ein symbolträchtiges Megaprojekt realisiert, das zwar kurzfristigen Schutz bietet, aber kaum Antworten auf die Ursachen der Krise liefert.

Der Besuch war ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie sehr uns der Klimawandel bereits heute herausfordert – aber auch dafür, wie wichtig es ist, unsere Mittel klug und zukunftsgerichtet einzusetzen. Technische Lösungen können helfen, Zeit zu gewinnen. Doch wenn wir nicht gleichzeitig massiv in Klimaschutz, Renaturierung und nachhaltige Stadtentwicklung investieren, laufen wir Gefahr, uns in teuren, fragilen Lösungen zu verlieren.

Für uns Grüne ist klar: Klimaanpassung darf nicht auf technische Machbarkeit reduziert werden. Sie muss immer auch ökologische Verträglichkeit, soziale Gerechtigkeit und langfristige Wirksamkeit im Blick behalten.

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