Meine Predigt am 10. August 2025 in der Paul Gerhardt Kirche in Kiel

Meine Predigt am 10. August 2025 in der Paul Gerhardt Kirche in Kiel

Predigt zu Psalm 18,30b: Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen

Liebe Gemeinde,

ich danke Ihnen sehr, dass ich als Politikerin hier heute die Predigt halten darf.
Das ist eine große Ehre, aber auch eine Herausforderung für mich.

Ich habe mich für ein Thema entschieden, das mich persönlich und sicher auch sehr viele von Ihnen bewegt:
Wie bleibe ich in dieser Welt, die von Krisen geschüttelt ist, hoffnungsfroh?
Wie vermittle ich Begeisterung – meinen Mitmenschen in der Politik, den Schulklassen, die ich besuche, meiner Familie?
Wie mache ich ihnen Mut, dass alles gut wird. Gut bleibt.

Die Stelle aus dem Psalm 18, die mir dafür immer wieder ein Leitgedanke ist, sagt: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen.“

Dieser Vers stammt aus einem Psalm, den König David am Ende seines Lebens geschrieben hat.
David beschreibt seine Erfahrungen mit Gott, wie er in Zeiten großer Not Schutz und Unterstützung findet – in einem nicht immer leichten Leben.
Auch er hatte so manchen Riesen zu bekämpfen.
Es ist ein Ausdruck seines tiefen Vertrauens, dass Gott stark und zuverlässig ist.

Auch wenn ich mich nicht sehr gläubig im klassischen Sinne fühle, sehe ich in diesem Vers eine kraftvolle Botschaft:
Es geht um die innere Kraft, die wir alle in uns tragen, um Herausforderungen zu meistern und für eine bessere Zukunft einzustehen.
Es ist die Überzeugung, dass wir mit Hoffnung, Mut und Gemeinschaft große Mauern überwinden können – sei es im persönlichen Leben, im Engagement für unsere Gesellschaft oder im Kampf gegen die Krisen in der Welt.

Mit meinem Gott Mauern überwinden bedeutet natürlich, dass man diesen Gott, diese Kraft, immer wieder suchen muss.

Ich wuchs in einem sehr christlich geprägten Elternhaus auf.
Meine Eltern waren Flüchtlinge. Ich bin also quasi ein Flüchtlingskind, allerdings ohne Sprachhindernisse.
Meine Eltern vermittelten uns den Glauben an die Zukunft und die Zuversicht, dass Gott dabei hilft.
Aber auch die Verantwortung, die damit einhergeht, etwas für eine gerechte Welt zu tun.

Heute ist es natürlich nicht immer leicht, an diesen Kindheitsglauben anzuknüpfen – an diese Zuversicht.
Gerade in meinem politischen Alltag bringt mich das immer wieder an Grenzen.
Egal ob es um den Kampf für eine lebenswerte Zukunft oder um die vielen Herausforderungen der Gegenwart geht.
Da ist der Berg, der vor einem liegt, durchaus mit einer hohen Mauer zu vergleichen.
Doch was mich antreibt, ist die Überzeugung, dass Veränderung möglich ist – wenn wir nur den Mut haben, die Mauern zu überwinden, die uns im Weg stehen: Türen zu finden oder Mauern einstürzen zu lassen.

Welche Mauern können das sein?
Natürlich die, die uns wirklich trennen, wenn wir nicht miteinander reden. Wenn sich die eine Bubble von der anderen nicht verstanden fühlt.
Dem einen sind es zu viele Flüchtlinge im Land, andere finden, es wird zu wenig geholfen und geteilt.
Dem einen geht es mit dem Klimaschutz nicht weit genug, der andere hat Angst um seine wirtschaftliche Existenz.
Die einen möchten alle Waffen abschaffen, die anderen wünschen sich eine gut aufgestellte Verteidigung.
Die Positionen werden manchmal hart ausgefochten – auch noch angetrieben durch Fakenews und hasserfüllte Kommentare in den sogenannten sozialen Medien.
Das schafft Mauern. Und genau diese gilt es zu überwinden.

Meine Hoffnung für die Zukunft ist eine Gesellschaft, in der wir alle die Mauern, die uns trennen, überwinden – durch Mut, Zusammenhalt und den Glauben daran, dass Veränderung möglich ist.
Zum Beispiel durch Gespräche.
Ich habe viele Gespräche mit Menschen während der Corona-Pandemie geführt. Natürlich konnte ich nicht alle von unserer Politik überzeugen.
Aber ich konnte im Gespräch deutlich machen, dass ich zuhöre. Dass ich mit meinem Gesprächsangebot eine Mauer überwinden kann.

Und ich glaube fest daran, dass jeder von uns – egal wie klein die Schritte erscheinen mögen – dazu beitragen kann, dass Mauern kleiner werden.
Es ist so wichtig, dass wir fest daran glauben, dass Veränderung zum Guten möglich ist – auch in Zeiten von Krieg, Klimawandel und Bedrohung unserer Demokratie.
Trotz all dieser Herausforderungen zeigt uns die Geschichte immer wieder, dass die Kraft der Menschen, die für eine bessere Welt eintreten, enorm groß ist.

Ich habe das selbst erlebt, als so viele Kinder und Jugendliche für eine andere Klimapolitik auf die Straße gegangen sind.
Diese jungen Menschen von Fridays for Future haben gezeigt, dass sich etwas bewegen lässt – auch bei denen, die vorher weniger überzeugt waren.
Ihre Begeisterung und ihr Einsatz haben eine Welle der Veränderung ausgelöst, die nicht zu übersehen ist. Sicher nicht zur Befriedigung aller, aber eine Mauer wurde überwunden.

Wenn wir an die Kraft des Guten glauben und uns gegenseitig unterstützen, können wir Mauern überwinden und eine positive Zukunft gestalten.
Lasst uns also mit Begeisterung und Hoffnung voranschreiten. Mit Beherztheit, wie wir gerade gesungen haben.

Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen.

Ich sehe dabei meine 12-jährige Tochter, die sich diesen Spruch zur Konfirmation ausgesucht hatte und damals eine begeisterte Reiterin war.
Mögen wir alle den Mut und die Kraft haben, mit unserem Gott über Mauern zu springen.

Amen

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